Kirchgemeinde Gneus

Kirchgemeinde Gneus

Ein halbes Leben als Gemeindekirchenrat: Erhardt Rödger und die Kirchgemeinde Gneus

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Als Erhardt Rödger das Amt des  Kirchenältesten der Gneuser Kirchgemeinde 1964 von Emil Rödger übernahm, war ihm sicherlich nicht bewusst, dass er dieses Ehrenamt bis 2007 ausführen wird. Im Herbst des vorigen Jahres übernahm Sohn Jens sein Amt.

Dass es nicht immer einfach war, sich für den Erhalt des Gneuser Kirchengebäudes einzusetzen, kann Herr Rödger mit vielen Geschichten belegen. Doch er meint dazu: „Die Kirche ist das Spiegelbild eines Dorfes.“ Und somit war es für ihn nicht nur aus Glaubensgründen selbstverständlich, sich für den Erhalt des Kirchengebäudes einzusetzen.

Angefangen haben wir mit den Fenstern“, erinnert sich Erhard Rödger. Diese waren teilweise zu Bruch gegangen durch die Erschütterungen, die Überschallflüge beim Durchbrechen der Schallmauer durchbrechen. Doch in den 1980er Jahren war schon das Beschaffen des Holzes nicht einfach.

Man erhielt als Kirchgemeinde eine staatliche Zuweisung für Kiefernpfosten. Diese wurden im Sägewerk Ottendorf abgeholt und dann erst einmal drei Jahre neben der Kirche abgelagert. Mit dem S 4000 der LPG transportierten die Gneuser das Holz  in die kircheneigene Tischlerei nach Quittelsdorf, wo dann  die Gneuser Kirchenfester gebaut wurden. Die neuen Fenster konnten in der „Wendezeit“ eingebaut werden. Ähnlich kompliziert war es mit der „Elektrifizierung“. Der Strom lag zwar nach vielen Anträgen am Kirchengebäude an, doch der Antrag für  die Inneninstallation verschwand auf unerklärliche Weise und es „hat lange nicht gefunkt“. Die nach vielen Hin und Her dann doch noch eingebauten „Waschhauslampen“ findet Herr Rödger heute nicht mehr schön, doch es gab Ende der 80er Jahre ganz andere Probleme. Der Turm des Kirchengebäudes war undicht und eindringendes Regenwasser verursachte jedes Jahr große Schäden.

Von der bereits im 1958 bei einem Orkan fortgewehten Wetterfahne ganz zu schweigen. Sie landete im Garten des benachbarten Grundstücks.

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Bis zur Wende hin blieb der undichte Kirchturm das größte Problem der Gneuser Kirchengemeinde und wurde so zum wichtigsten Bauvorhaben. Herr Rödger kann sich noch gut an die Versammlung des Kirchenrates 1991 erinnern, bei der über die dringend notwendigen Arbeiten am Turm beraten wurde: „In unserer Gemeindekasse hatten wir 600 DM und die Bauarbeiten sollten vielleicht Hunderttausend Mark kosten.“ Dem damals verantwortlichen Pfarrer Becher gelang es dennoch, den Kirchenrat der Gemeinde Gneus zu überzeugen, mit den Arbeiten am Turm zu beginnen: „Wo etwas getan wird, da gibt es auch Mittel.“ Auch der Kirchenrat Rödger war der Meinung, dass es galt „jetzt oder nie“, denn es bestand die Gefahr, dass jedes weitere Jahr größere Schäden anrichten kann.

Doch die Gneuser Einwohner verließen sich nicht nur auf Fördermittel, sondern sie legten auch selbst fleißig Hand an. Besonders beeindruckt war Erhard Rödger von der großen Einsatzbereitschaft der Gneuser Männer, ob jung oder alt: „Die Leute haben von April bis September 1991 fast jeden Abend von 17 Uhr bis zum Dunkelwerden auf dem selbst errichteten Gerüst gearbeitet. Es wurden von den zahlreichen freiwilligen Helfern viele Meter Holzschalungen und Balken erneuert oder ergänzt. Insgesamt wurden über 1500 Stunden geleistet“

Die ehrenamtliche Bauleitung übernahm Pfarrer Bächer aus Trockenborn, unterstützt von Pfarrer Schwochow, der auch selbst mit Hand anlegte. Am Ende konnten so 25.000 DM an Eigenleistungen erwirtschaftet werden. Eine Fachfirma brauchte dann nur noch die Schieferverkleidung anbringen. „Nur 1. Wahl Schiefer und beste Kupfernägel wurden verwendet“, so versichert Erhard Rödger.

Insgesamt wurden rund 80.000 DM investiert, bestehend aus Fördermitteln des Denkmalschutzes, Zuschüssen der Landeskirche sowie zahlreiche Spenden von Gemeindemitgliedern und Einwohnern in einer Höhe von 10.000 DM.

Während der Turmknopf noch gut erhalten wiederverwendet werden konnte und  mit einer neuen Fahne bestückt wurde, war es um die Turmuhr schlechter bestellt. Sie war seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb und musste entweder restauriert oder erneuert werden.

Eine Restaurierung des handgeschmiedeten Uhrwerks sollte 29.000 DM kosten und ein neues Uhrwerk 14.000 DM kosten. Nach Verhandlungen mit dem Hersteller konnte ein Rabatt von 4000 DM ausgehandelt werden und so bekamen die Gneuser für ihre Uhr eines der modernsten funkgesteuerten Uhrwerke in ihren Kirchturm. Für das Ziffernblatt konnte durch Sebastian Knebel eine Schmiede in Gera überzeugt werden, es ehrenamtlich zu schmieden.

Alle Arbeiten verliefen unfallfrei und so konnte 1991 ein Knopffest „mit großem Bahnhof“ gefeiert werden. Die neue Wetterfahne mit der Jahreszahl 1991 und der in der Sonne glänzende Schiefer des Kirchturmes zeugen seit dem von dem Kraftakt den die kleine Kirchgemeinde unter der Regie ihres Kirchenrates leistete.

Der Orgelbauerlehrling Sebastian Knebel war es auch, der in den 1980er Jahren einen wahren Schatz in der Gneuser Kirche entdeckte: eine 1737 gebaute Orgel des Orgelbauers Justinius Ehrenfried Gehardt. Sie gilt heute als eine der ersten Werke des Orgelbauers. Durch den persönlichen Einsatz von Sebastian Knebel konnte 1988 die Orgel vor der Zerstörung durch den Holzwurm gerettet werden.

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Damit gab es für die Gneuser Kirchgemeinde eine weitere Herausforderung zu bewältigen. Die Rettung ihrer Orgel. Besondere Unterstützung erfuhren die Gneuser vom Kirchen-Kunst-Verein mit Frau Schwochow an der Spitze. Der Verein organisierte bislang 56 Benefizkonzerte für die Rettung der Orgel, deren 131.000 DM Restaurierungskosten mittlerweile abgezahlt wurden.

Die Orgelweihe fand 1997 wieder unter großer Beachtung statt. Neben der Orgel wurde, wie vom Denkmalschutz gefordert, das Tretwerk erneuert. So kann die Orgel auch noch ohne Strom gespielt werden, was bei einem Stromausfall auch schon einmal vorkam, wie sich Herr Rödger erinnern kann. Oft trat er als Vertretung für Wilhelm Bode während der Gottesdienste oder bei Trauerfeiern das Tretwerk, um mittels der mit Ziegenleder bespannten Blasebälge für ausreichend „Spielluft“ zu sorgen.

In der Kirche gab und gibt es auch danach weiterhin viel zu tun, wobei Erhard Rödger die vielen Helfer und Spender gar nicht alle aufzählen kann, die in den vielen Jahren seine Arbeit unterstützten. Sei es Dr. Krämer, der Kerzenständer selbst drechselte und sich um die Schnitzereien in der Kirche bemühte, Stellmacher Wolf, der die Turmläden herstellte, Bern Hoffmann, der Malerarbeiten vornahmen, Veit Kraft, der die Eingangstür restaurierte, oder die Malerfirma Dietzsch. Letztere konnte dank der 2005 erlangten Lottomittel die Holzfenster der Gneuser Kirche restaurieren.

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„Als nächstes ist eine Holzschutzbehandlung an der Innenausstattung der Kirche  vorgesehen, besonders der Altar ist stark befallen“, weiß Erhardt Rödger zu berichten und weist darauf hin, das jetzt sein Sohn Jens dem neu gewählten Kirchenrat vorsteht, bei dem er die Gneuser Kirche in guten Händen weiß.

(C)Text und Fotos: T.Schwarz Juni 2008