Torbuche Waltersdorf

Torbuche Waltersdorf

Die Torbuche
Unweit von Stadtroda, zwischen Waltersdorf und Meusebach, am Nordhang des 200 m hohen Steinberges steht ein Baum, der im Volksmund „Torbuche“ heißt. Die Torbuche ist ein Naturdenkmal besonderer Art: Es sind zwei Buchen, die etwa 7 m voneinander entfernt aufgewachsen sind, sich oben in einer Höhe von 6 m vereinigt haben und ein natürliches Tor bilden. Wann und wie die Vereinigung — das Zusammenwachsen — stattgefunden hat, ist nicht einwandfrei festzustellen.

Es wird in der Bevölkerung erzählt, dass vor langer Zeit ein Forstgehilfe die beiden Bäume zusammengebunden hätte, um zu erkunden, was daraus würde. Bei dem großen Abstand der Bäume dürfte das jedoch nicht möglich gewesen sein. Es ist aber anzunehmen, dass sich die kleinere Buche durch Sturm, Erdauflockerungen oder sonstige Einflüsse geneigt und sich mit der größeren Buche verhängt hat. Nach Abscheuern der Rinde sind die Bäume dann zusammengewachsen und es entstand dieses Baumgebilde. Der Hauptstamm, der jetzt einen Umfang von 3 m misst, ist senkrecht in die Höhe gewachsen, während der Nebenstamm, der den Torbogen bildet, sich kreuzförmig am Hauptstamm fortsetzt.

Die Torbuche ist weit über die Grenzen unserer Heimat bekannt und hat schon viele Wissenschaftler und Naturfreunde herangelockt. Auch in Fach- und Unterhaltungszeitschriften ist sie abgebildet und beschrieben worden; so z. B. in Nr. 15/1955 in der Zeitschrift „Zeit im Bild“ in einem Aufsatz „Gespensterwald“.

Torbuche 1982kl

In Stadtroda befindet sich ein Bild, das aus einer Zeitschrift herausgeschnitten wurde, die vor etwa 2 Jahren in Detroit am Eriesee in Nordamerika erschien.

Das Bild ist unterschrieben: „The Bower Beeches.“ On tree growing through another in a natural formation. Stadtroda – Germany.“ (Das heißt: Die Laubenbuche. Ein Baum, der in natürlicher Bindung durch einen anderen hindurchwächst. Stadtroda Deutschland.)

Man sieht, dass man sich sogar in Amerika für dieses Naturwunder interessiert, während es bestimmt viele Einheimische gibt, die die Torbuche noch nicht gesehen haben.

Die Torbuche steht unter forstwirtschaftlichem Naturschutz und ist eine Rotbuche (fagus silvatica), sie ist etwa 200 Jahre alt und erinnert an ehemalige größere Buchenbestände in dieser Gegend. Wenn es auch Buchen gibt, die über 300 Jahre alt sind, so ist die Lebensdauer der Buche doch meist mit 150 bis 180 Jahren begrenzt. Auch unsere Torbuche ist am Absterben. Der senkrechte Stamm, ein sogenannter Windflüchter, hat schon fast kein Leben mehr.

Mit Ehrfurcht betrachten wir unsere Torbuche, die aufgegangen sein mag, als die Schrecken des 7jährigen Krieges unsere Heimat erzittern ließen. Nun sind ihre Jahre gezählt. Mütterlich breitet sie noch ihre Äste aus und ist Beschützerin all dessen, was unter ihr wächst und blüht. Alte Buchen gehörten bei den Germanen zu den heiligen Bäumen.

Die Buche ist von Bedeutung für die kulturgeschichtliche Entwicklung. Auf kleinen Brettern und Stäben von Buchenholz wurden die Runen eingeritzt, die die ältesten deutschen Schriftzeichen waren. Das hat in späterer Zeit dem Buch und den Buchstaben ihre Namen gegeben. Auf der glatten Rinde des Stammes gaben sich früher die Hirten durch Einkerbungen ihre Zeichen, wie es heute noch oft Wandersleute und Verliebte tun.

Die Erinnerung an die Torbuche schlägt sich in der heutigen Zeit durch den Dienststempel der Gemeinde Waltersdorf in den 1950er Jahren und in der Zeit von 1960 bis 1975 durch die LPG Typ I „Torbuche“ nieder.

Nach Horst Sippach, Waltersdorf und Fritz Riedel, Stadtroda in „Stadtrodaer Heimatblätter“ von 1956

Torbuche HistAK