Ortsgeschichte Karlsdorf

Ortsgeschichte Karlsdorf

Karlsdorf – wo Wunderwerke entstanden und die Füchse keinesfalls „Gute Nacht“ sagen

Wer von den Tälerdörfern aus in Richtung Neustadt fahren will, kann dies entlang des nach Süden verlaufenden Seitentales in Richtung Weißbach tun. Wenn man von dort aus dem Bachverlauf folgt, gelangt man durch Karlsdorf, denn die kleine Gemeinde grenzt mit seinen südlichen Flurgrenzen an den Saale-Orla-Kreis. „Die dem Talverlauf angepasste Ortsstruktur ist gekennzeichnet durch eine langgestreckte Dorfanlage, die sich entlang der durch den Ort führenden Straße erstreckt“, so heißt es in der Beschreibung zum Denkmalensemble „Dorfanlage Karlsdorf“.

Urkundlich erstmals erwähnt wurde Karlsdorf am 19. August 1300 in einer Schenkungsurkunde. Dazu heißt es in der „Geschichte der Kirchen und Schulen des Herzogthums Sachsen-Altenburg“ von E. Löbe: „Schon vor 1368 gehörte Karlsdorf zu den rodaschen Klosterdörfern und aus dem Jahr 1457 gibt es Aufzeichnungen über Frondienste, die Karlsdorfer gegenüber der Leuchtenburg leisten mussten.“

Nachdem Karlsdorf 1543 an die Gebrüder Hans, Apel und Kunz von Meusebach verkauft wurde, fiel das Dorf nach dem Aussterben der Herren von Meusebach-Ottendorf an den Landesherrn zurück. Der Ortsname wir in alten Dokumenten auch mit „Karelßdorf“ oder „Carelsdorf“ angegeben. Die Bauern mussten mit Pferden und der Hand fronen, wenn im Kloster Roda, an der Schäferei, am Hammer Hainbücht oder an den Klostergebäuden etwas gebaut oder gebessert wurde, ebenso bei landesherrlich Jagden die Zeug- und Netzwagen innerhalb der Amtsgrenzen fahren.


Durch Karlsdorf fließt der Weißbach, welcher vom benachbarten Pillingsdorf im Saale-Orla-Kreis herunterkommt und bei Gewittern und Tauwetter nicht selten erheblichen Schaden anrichtete.
Das Bachbett diente bis 1847 gleichzeitig als Fahrweg, bis zu dieser Zeit der befestigte Weg entlang des Weißbachs fertig gestellt wurde. Im Jahr 1861 errichtete man auch eine Steinbrücke über den Bach, die als eine Art „Wunderwerk“ angesehen wurde.    Denn die Karlsdorfer konnten sich einer Überlieferung nach nicht gleich mit dem „neumodischen Kram“ anfreunden und gingen oder fuhren weiterhin durch den Bach und zwar unter der Brücke durch.


Der Fortschritt setzte sich durch und nachdem 1904 die erste telegrafische Verbindung der Post mit Stadtroda aufgenommen wurde, gab es 1904 auch elektrisches Licht für Karlsdorf und eine Wasserleitung versorgte ab 1912 alle Häuser des Seitentälerdorfes. Im Jahre 1907 wurde in Karlsdorf eine Molkerei eingerichtet, die 1911 zu einer Genossenschaft umgewandelt wurde, jedoch im I. Weltkrieg leider einging. Besonders das Bachufer und die inzwischen zahlreichen Brücken sind immer wieder ein Arbeitsschwerpunkt der Gemeinde Karlsdorf und ihrer fleißigen Einwohner. So wird in der „Volkswacht“ von 1977 berichtet, dass sich zehn Karlsdorfer besonders um den Bau der Ufermauer des Baches verd

ient gemacht hatten und jeder zwischen 100 und 160 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet hatte. Wie die schon erwähnte Chronik von Herrn Löbe aus dem Jahre 1891berichtet, bearbeiteten und pflegten die Bewohner von Karlsdorf zu dieser Zeit die Talhänge zu beiden Seiten des Dorfes und verdingten sich außerdem mit dem Holzhandel.    „Der Boden ist nicht unfruchtbar, die Feldwirtschaft aber mühsam, am besten gedeihen Roggen und Hafer“, heißt es dort weiter. Nach 1945 bis zur Wende waren der Großteil der Einwohnerin der LPG „Weißbachtal“, im Kombinat VEB KWH Hermsdorf oder im VEB Bau Eineborn tätig. Heute sind die Arbeitsplätze der Einwohner nicht mehr in der Nähe ihres schönen Heimatortes zu finden, sondern größtenteils in ganz Thüringen und darüber hinaus. Umso anerkennungswerter sind deshalb die Aktivitäten der „Karlsdorfer Füchse“ einzuordnen. Der Karlsdorfer Feuerwehrverein gab sich diesen originellen Namen, da es ein in Karlsdorf häufig vertretener Familienname ist.


Die „Karlsdorfer Füchse“ sind heute die aktiven Gestalter des Dorflebens in ihrer Gemeinde. Sei es bei Arbeitseinsätzen, die zum Wohle und zur Verschönerung der Gemeinde durchgeführt werden, oder das alljährige Dorffest, welches 2007 am 7. 7. stattfindet, die Männer und Frauen des Feuerwehrvereins Karldorf sind immer dabei. Als aktuellstes Beispiel soll hier die Pflasterfläche vor der ehemaligen Schule genannt werden, die von Vereinsmitgliedern errichtet wurde. Doch auch andere Gemeindeobjekte nahm der Feuerwehrverein in ehrenamtlicher Arbeit in die Kur, wie zum Beispiel das Feuerwehrgerätehaus, das 2004 grundhaft saniert wurde. Zusätzlich übergab der Verein noch eine Motorsäge für die Freiwillige Feuerwehr. Auch die Feuerwehr hat in Karlsdorf eine recht lange Tradition. Die Anschaffung einer Spritze wird im Jahre 1780 erwähnt und im Jahre 1978 beging die Feuerwehr ihr 200jähriges Jubiläum. Die „Alte Schule“ wurde 1858 errichtet, nachdem das vorherige kleine Schulgebäude trotz einer Erweiterung in der 2. Etage zu klein geworden war. Das zu kleine Schulgebäude wurde übrigens zum Abriss an einen Rattelsdorfer verkauft und dort wieder aufgebaut.Während jenes kleine Schulhäuslein unterhalb der Pfarrei jenseits des Baches neben der Untermühle häufigen Wasserschäden ausgesetzt war, wurde ein Neubau in der Mitte des Dorfes, etwas erhöht auf der sogenannten „heiligen Hofstatt“ errichtet, wobei die Baukosten 2500 Taler betrugen. Der Name des Grundstücks bezieht sich vermutlich auf die vorherige Nutzung des Grundstücks. Aus der Kirchenvisitation des Jahres 1529 werden als Kirchengut jährlich 16 Groschen von einer Hofstatt des Namens zu den elenden Lichten genannt, welche eine „testamentarische Stiftung von Kerzen zum Begräbnis Elender, d. h. solcher, die hier als Fremde starben“ war.


Heute befindet sich in dem Gebäude, welches im Rahmen der Dorferneuerung von der Gemeinde Karlsdorf zum Gemeindehaus umgebaut. Neben zwei Wohnungen sind nun darin ein Mehrzweckraum mit dazugehörigen sanitären Anlagen und das Gemeindebüro untergebracht. Die Räumlichkeiten werden von den Einwohnern einerseits für Versammlungen und Beratungen, aber auch zur Durchführung von Familienfeiern genutzt. Gleich hinter dem ehemaligen Schulgebäude befindet sich ein kleiner Festplatz, den die Karlsdorfer für ihr Dorffest nutzen und der mit seinen weit ausladenden Apfelbäumkronen auch bei großer Hitze einen schattigen Platz bietet. Während heute 104 Einwohner in 36 Häusern leben, gab es im Jahre 1687 Karlsdorf 139 Einwohner, wobei 1742 von 140 Mitbürgern in 24 Familien berichtet wir. Bereits 203 Einwohner in 34 Haushalten waren es 1835, wobei sich die Einwohnerzahl 1880 nicht geändert hatte. Damals wohnten die Karlsdorfer in 38 Wohnhäusern und 41 Haushaltungen. Im II. Weltkrieg sank die Einwohnerzahl auf 150, da fast alle männlichen Einwohner in den Kriegsdienst treten mussten. Nach dem Ende des Krieges stieg diese dann durch den Zuzug der sogenannten Umsiedler wieder stark an und sank dann ebenso rasch wieder.


Zu der Zeit um 1890 gibt es in Karlsdorf außerdem noch eine Schmiede, ein Brauhaus und drei Mühlen, die Ober-, Mittel- und Untermühle. Die Obermühle besaß um 1600 Conrad Heinrich von Meusebach, seit der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist sie in stetem Besitz der Familie Koch. Am 10. Juni 1804 brannte die Mittelmühle ab. Von den Drangsalen des Dreißigjährigen Krieges wurde das Dorf hart betroffen, 1635 brannte das ganze Pfarrgehöft ab. Weitere Tragödien ereigneten sich am 24. Juni 1697, als sich ein Hans Krause mit Rattenpulver vergiftete und am 25. August desselben Jahres, als eine Feuersbrunst das Wohnhaus nebst Scheunen und Ställen des Altarmanns Michael Müller in Schutt und Asche legte, wobei auch das bei ihm in Verwahrung liegende Kirchengeld vernichtet wurde. Weiterhin wird von einem verheerenden Unwetter mit Überschwemmung im Jahr 1750 berichtet und einem Brand des Hirtenhauses berichtet, dem die beiden erwachsenen Töchter des Hausbesitzers zum Opfer fielen. In den Jahren 1761 und 1771 gab es in Karlsdorf eine Wassersnot. Weitere Brände und Überschwemmungen setzten immer wieder den Einwohnern zu.

Weiterhin erwähnenswert ist die Karlsdorfer Kirche, die sich auf einer kleinen Anhöhe befindet. Sie ist eine der ältesten Kirchen in den Tälerdörfern, denn sie wurde als romanische Chorturmkirche Ende des 12. Jahrhunderts errichtet.

Der quadratische Turmstumpf und Triumphbogen in der Kirche zeugen von der romanischen Bauart. Der Fachwerkaufsatz und das Walmdach des Turmes wurden vermutlich 1719 errichtet. Der Turm war baufällig geworden, wurde 1766 abgetragen und in den jetzigen Zustand versetzt. Eine kleine Sakristei wurde 1788 an die Stelle der halbrunden Apsis (Altarnische) errichtet. Die Orgel wurde 1789 von dem Stadtränder Orgelbauer Christian Friedrich Poppe gebaut.

Besonders zu erwähnen sind die 3 Glocken der Karlsdorfer Kirche, dich sich durch ihren besonders schönen Klang auszeichnen. Die große Glocke stammt aus dem Jahre 1489 und trägt an ihrer Fläche ein großes Relief des St. Nicolaus. Die beiden anderen Glocken wurden 1792 in Apolda umgegossen. Die vor der Pfarrei stehende Linde wurde 1883 gepflanzt.

Wer heute durch Karlsdorf fährt, der wird sich an vielen denkmalgerecht sanierten Fachwerkhöfen erfreuen können, die auch von der Denkmalbehörde lobend erwähnt werden: „Eine Reihe von Ende des 19. Jahrhunderts im zeittypischen Baustil errichteten Großgehöfte fügen sich harmonisch in das Gesamtbild des Ortes ein. Karlsdorf zählt zu den wenigen Gemeinden in der Region, deren ursprüngliches Erscheinungsbild weitgehend unverfälscht überliefert ist.“

Dies ist den Besitzern der Gehöfte zu verdanken, die mit entsprechendem Arbeits- und Finanzaufwand für die Erhaltung ihrer Gebäude gesorgt haben und dafür gesorgt haben, dass es heute eine Vielzahl von sehenswerten Fachwerkgebäuden in Karlsdorf zu bestaunen gibt. In der Zukunft soll sich die Dorfansicht noch weiter verbessern, denn es ist geplant, noch in diesem Jahr die Landesstraße entlang der Ortslage mit einer neuen Schwarzdecke zu versehen. Dann wird es sich noch mehr lohnen, nach Karlsdorf zu fahren.
T. Schwarz (Juni 2007)