Ortsgeschichte Lippersdorf-Erdmannsdorf
Lippersdorf-Erdmannsdorf – Dorf mit Geschichte und Zukunft Lippersdorf-Erdmannsdorf liegt malerisch eingebettet in einem Tal der Roda, in den sogenannten Tälerdörfern“. Es ist, wie die meisten Tälerdörfer, ein Siedlungsdorf aus „wilder Wurzel“. Um die Wende des 11 .und 12. Jahrhunderts war hier dünnbesiedeltes sorbisches Land. Die deutschen Siedler, die aus Mainfranken kamen, schoben sich mit ihren Rodungen zwischen die weit auseinanderliegenden sorbischen Wohnplätze. Die Siedlungsdörfer aus „wilder Wurzel“ tragen alle rein deutsche Namen ~ meistens in Verbindung mit einem Vornamen, wenn,, der Ortsname als Bestimmungswort den Vornamen des Siedlungsgründers führt“. 1) „Grundsätzlich gilt: die Herausbildung von Ortsnamen mit dem nachstehenden Grundwort -dorf, -feld, -bach, -born ab 8. Jahrhundert.“ 2) Die Siedlungsgründung von Lippersdorf wird von W. Kahl 3) mit 29.Dez. 1293 angegeben. Bei einer Nachforschung im Thüringer Hauptstaatsarchiv konnte die ausgewiesene Original-Urkunde jedoch nicht gefunden werden. Die erste nachweisliche schriftliche Erwähnung von Lippersdorf fand Herr Bergner in einer Urkunde Friedrich des Strengen aus dem Jahre 1350 im Staatsarchiv Altenburg. 1543 verkaufte Kurfürst Johann Friedrich Lippersdorf an die Gebrüder Kunz, Hans und Apel von Meusebach. Nach dem Aussterben 1753 fiel das Gut an die Landesherrschaft zurück. Die Bewohner wurden Untertanen des Fürstlichen Amtes Roda. Im Jahre 1582 zählte Lippersdorf 19 Besitzer, 1754 schon 52 Gebäude mit ebenso vielen Besitzern. An der Spitze des Dorfes stand seit 1732 der Schultheiß Christoph Oßwald. Die Familie Oßwald stellte in den nachfolgenden Jahrhunderten viele Schultheiße und Bürgermeister. Willy Oßwald bekleidete dieses Amt von 1924- 1945. 1864 -65 wurde die Tälerstraße gebaut, indem man Vorgärten und zum guten Teil das breite seichte Bachbett der Roda benutzte. Mit dem Bau der Tälerstraße verlor die Alte Triptiser Straße ihre Bedeutung als Handelsstraße, diese Funktion übernahm jetzt die neue Tälerstraße. Die ersten Autos führen. Ab Mai! Juni 1929 fuhr das erste Postauto durch die Täler. Die Briefträger brauchten nicht mehr mit dem Fahrrad die Post in Roda holen. Die Landwirtschaft war der wichtigste Erwerbszweig in den Tälerdörfern und auch der Bauern unseres Dorfes. Es war eine körperlich schwere Arbeit, bedingt durch die bergige Lage. Der karge Boden warf nur wenig ab, die Einkommen waren gering, ebenso die spätere Rente. Reichtum war ein Fremdwort für die Menschen in den Tälerdörfern. Erst mit der Gründung der LPG war den Bauern ein regelmäßiges, wenn auch nicht allzu üppiges Einkommen gesichert. Die Geschichte der Schule unseres Ortes kann anhand der bereits vorliegenden Ortschronik bis in das Jahr 1613 zurückverfolgt werden. Die Anstellungsurkunde des Lehrers Adam Ackermann von 1613 gibt Auskunft über die Aufgaben und Pflichten eines Schulmeisters vor mehr als 380 Jahren. Die Kirche zu Lippersdorf ist dem Schutzheiligen der Schiffer, Wanderer und Fuhrleute geweiht, dem heiligen Sanktus Nicolaus. So steht es im ältesten Buch der Pfarrei, dem Kirchenrechnungsbuch aus den Jahren 1541- 1663. Von jener alten Kirche ist baulich nur wenig übriggeblieben. Die heutige Kirche wurde 1714-1719 erbaut, der jetzige Kirchturm 1766. Mit dem Bau der Wasserleitung 1955!56 setzten sich die Einwohner von Lippersdorf das größte Denkmal in der neueren Geschichte des Ortes. Sie leisteten 14 974 Arbeitsstunden, vorwiegend mit Spitzhacke, Schaufel und Pferdegespann. Auch die Bewohner von Erdmannsdorf ( Lippersdorf und Erdmannsdorf bilden eine Einheitsgemeinde ) schlossen sich dem Bau der Wasserleitung durch ihren Ort an. Für beide Gemeinden begann ein neues Zeitalter. Zum ersten Mal in ihrer vielhundertjährigen Geschichte brauchten sie nicht mehr das Wasser von einem Brunnen zu holen. Viele Familien bauten sich ein Bad und Spültoilette. Was für ein Fortschrift Das Leben auf dem Lande glich sich dem Komfort in der Stadt an. Doch auch nach 1956 entstand noch vieles, worauf die Lippersdorfer stolz sein konnten und es bis heute noch teilweise sind, besonders die älteren Einwohner. Sie bauten sich aus einem Teich ein Schwimmbad, an Hilberts Hang eine Sprungschanze, aus einem alten Düngemittelschuppen eine neue Schulküche mit Gemeindebüro und ein neues Hortgebäude, und nach dem verheerenden Hochwasser am 13. August 1981 einen neuen Konsum in hunderten freiwilligen Arbeitsstunden. Aber alle diese Einrichtungen gibt es heute nicht mehr. Sie wurden entweder abgerissen oder stehen ungenutzt und verfallen (Konsum). Mit dem Zusammenbruch der DDR begann auch in unserem Ort eine neue Zeit. Es entstand viel Neues. Auf dem Grundstück der ehemaligen Schulküche, das die Sparkasse angekauft hatte, entstand ein neues Sparkassengebäude, welches sich im Baustil sehr gut in das Dorfbild einpasst. Außer der Sparkassenfiliale sind auch eine Wohnung und das Gemeindebüro darin untergebracht. Ebenfalls nach der Wende eröffneten in Lippersdorf die Familie Jacob eine ärztliche Gemeinschaftspraxis, Frau Döring eine Physiotherapie, Egbert Kraft eine Fliesenlegerfirma und im ehemaligen Ferienheim in der vorderen Oelsnitzmühle Herr Bürkner ein kleines Landhotel. Am 30.11.2002 eröffnete Frau Schlichter in einer ausgebauten Garage einen kleinen Laden „Von Senf bis Seide“, wo sie u.a. Honig, Honigprodukte, Koch – und Backbücher sowie viele, auch selbstgefertigte, Accessoires und Geschenkartikel anbietet. In Erdmannsdorf gibt es den Blumenladen Herold und den Friseursalon Fuchs (1999). Die Sanierung der Tälerstraße war Hauptanliegen in den Jahren 2000-2001. Allein in der Gemeinde Lippersdorf wurden 1,6 Millionen investiert. Die Kosten übernahm das Land. Drei neue Holzbrücken überspannen die Roda, allesamt gebaut von der Tischlerei Bartlitz aus Lippersdorf.Die Blumenbepflanzung und Pflege haben die umliegenden Anwohner übernommen, auch deren Kosten. Für die gefällten morschen Linden wurden 9 frische junge Linden gepflanzt. Auch das kulturelle Leben im Ort kommt nicht zu kurz dank eines rührigen Feuerwehrvereins. Ohne die hohe Einsatzbereitschaft der Mitglieder wären die Ausgestaltung und Durchführung der Dorf- und Kinderfeste, die Kinderweihnachtsfeier sowie so mancher Einsatz zur Verschönerung unserer Dörfer kaum möglich. Besonders hervorheben möchte ich das große Engagement der FFW und des Feuerwehrvereins bei der Vorbereitung und Durchführung der Feierlichkeiten, 75 Jahre Freiwillige Feuerwehr Lippersdorf‘ (1999) und zur 650-Jahr-Feier der urkundlichen Ersterwähnung von Lippersdorf‘ ( 2001). Hunderte von Menschen aus nah und fern waren gekommen, um den Festumzug zu sehen. Und sie wurden nicht enttäuscht! Ein ganzes Jahr lang liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Viele, viele Einwohner aus Lippersdorf, aber auch aus benachbarten Gemeinden, bereiteten liebevoll die Bilder „650 Jahre Geschichte Lippersdorf“‘ vor. Ein Video wurde gedreht und alles für die Nachfahren im Bild festgehalten. Eine neue Ortschronik, zusammengestellt und auf der Festsitzung überreicht von Herrn Klaus Bergner aus Renthendorf, waren ein weiterer Beitrag zur Aufarbeitung und Bewahrung von Geschichtlichem und Gegenwärtigem von unserem lebenswerten Lippersdorf-Erdmannsdorf. Auch die Gemeindechronik wird seit 1998 geführt. Zu den kulturellen Höhepunkten gehörten auch die Feier zum l00jährigen Bestehen des Schulgebäudes sowie der Auftritt des Donkosaken-Chores und des Kirchenchores Ottendorf in der Lippersdorfer Kirche. Ein Teil der Erlöse aus den Auftritten kommt der Sanierung der Lippersdorfer Kirche zugute, die in vollem Gange ist, soweit die Mittel reichen. Auch die Erdmannsdorfer versuchen, mit Spendenmitteln ihr Kirchlein zu erhalten. So trägt jeder dazu bei, sein Dorf noch schöner zu machen. Und dass es sich in den Tälerdörfern gut wohnt, belegen auch die jährlich steigenden Einwohnerzahlen von Lippersdorf-Erdmannsdorf. Betrug die Einwohnerzahl 1999 noch 530 Einwohner, so waren es 2001 schon 551 Einwohner. Wären viele junge Leute nicht genötigt, sich in den alten Bundesländern eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz zu suchen, lägen die Einwohnerzahlen noch höher. Die landschaftlich schöne Lage von Lippersdorf-Erdmannsdorf zieht auch jedes Jahr „Häuslebauer“ an. Allein in 2002 wurden vier neue Einfamilienhäuser im Neubaugebiet „ Am Kirchberg“ errichtet, zwei davon sind noch im Rohbau, ein junges Paar baute in Erdmannsdorf Insgesamt entstanden nach 1945 in Lippersdorf 30, in Erdmannsdorf 13 neue Eigenheime, davon insgesamt 21 nach der Wende. Dazu kommen noch viele Um- und Ausbauten, mit denen neuer Wohnraum geschaffen und die Wohnqualität verbessert wurde. Der größte Teil der Hausbesitzer stellte auch die stark umweltverschmutzende Kohleheizung auf Heizöl oder Heizgas um, viele Häuser erhielten neue Dächer, Fenster und Fassaden. Für die Erdmannsdorfer Kinder wurde ein neuer Spielplatz gebaut, in Lippersdorf die alte Loge zu einer kleinen, aber feinen Turnhalle umgebaut. In der nächsten Zeit soll nun auch die Schule in die Kur kommen, die Mittel für ein neues Dach wurden vom Landkreis genehmigt. So werden Schrift für Schrift die Lebensbedingungen für die Menschen verbessert. Die Lippersdorfer und Erdmannsdorfer lieben ihren Ort, und deshalb engagieren sie sich und helfen mit, dass die „schönen Tälerdörfer“ noch schöner und liebenswerter werden, wo sich jeder geborgen fühlt in unserer doch so schnelllebigen Zeit. Anneliese Hesse Literaturhinweise: Anneliese Hesse: Ortschronik v.Lippersdorf, 1998-2002 Pfarrer Dies: Chronik von Lippersdorf 1956 l)W.Kahl: Ersterwähnung Thüringer Städte und Dörfer bis 1300, Ein Handbuch, Verlag Rockstuhl, 2001, Seite 7 2) ebenda, Seite 8 3) ebenda, Seite 39 |